„What are you thinking? What are you feeling? What have we done to each other? What will we do?“
Was passiert
An ihrem fünften Hochzeitstag meldet Nick Dunne seine Frau Amy als vermisst. Die Spuren im Haus deuten zunächst auf eine Entführung hin, doch bald darauf gerät Nick selbst ins Visier der Ermittler, und die Öffentlichkeit lässt sich schnell davon überzeugen, dass er der Täter ist. Sensationsjournalisten belagern Nicks Haus, und die Ermittlerin Detective Boney stöbert nach und nach neue Indizien auf, bis schließlich sogar Nicks Schwester Margo an seiner Unschuld zu zweifeln beginnt.
Spoiler-Warnung.
Was Sache ist
Gone Girl ist genau das Richtige für jede Herbstdepression, eine Story so abgrundtief ungemütlich, dass ich mir nicht sicher bin, wie es die Romanvorlage von Gillian Flynn, von der auch das Drehbuch stammt, zum Bestseller geschafft hat. Sicherlich ein Pageturner, die Handlung ist mit einem sehr treibenden Moment ausgestattet, das David Finchers Regiestil durchaus entgegen kommt, auch wenn sein Talent an The Girl With the Gone Tattoo leicht verschwendet ist. Fincher ist ein Genie, wenn es darum geht, eine Szene zu konstruieren. Kamera, Geschwindigkeit und Dauer, Musik, Ton, das alles passt in Fincher-Filmen in so gut wie jeder Szene perfekt zusammen und sorgt auch hier für nicht wenige manchmal spannende, manchmal mitreißende, manchmal regelrecht abstoßende Momente, die für sich genommen regelmäßig faszinieren. Das Problem liegt in der Story, die diese Szenen zusammen halten soll. Der erste Akt ist der geradlinigste und auch mitreißendste; es geht um Amys Entführung und darum, wie sich langsam die Anzeichen verdichten, dass Nick etwas damit zu tun haben könnte. Gerade das Spiel mit der Öffentlichkeit, der Kampf um Selbstinszenierung und Vorverurteilung durch die Macht der Medien und die öffentliche Meinung ist dabei der wohl spannendste Aspekt der Geschichte, der aber nicht konsequet genug in den Fokus gestellt wird. Die Probleme beginnen mit dem Twist, der herausstellt, dass Amy ihr Verschwinden inszeniert hat, um Nick ins Gefängnis oder nach Möglichkeit in die Todeszelle zu bringen, weil er sich als langweiliger Ehemann herausgestellt hat – das ist im Großen und Ganzen ihre Motivation, ihr Charakter stellt sich als hoffnungslos psychopatisch (und dabei nicht einmal sonderlich perfektionistisch) heraus, was jegliches Interesse an ihrer Motivation schlagartig und spurlos verschwinden lässt. Jupp, it’s gone, girl. An dieser Stelle zerfasert der Film. Rosamund Pikes großartige Darstellung ist damit weitenteils verschenkt, das Gleiche gilt auch für Neil Patrick Harris‘ Charakter, der einiges verspricht und wenig davon einhält. Das Finale war in dieser Form unerwartet, aber enttäuschend. Es folgt keine Auflösung, keine Katharsis, die Charaktere bleiben im Schwebezustand – ein offenes Ende der unbefriedigenden Art. Gone Girl ist eine keinesfalls schlechte, sogar spannende Erfahrung, aber als Film nicht restlos befriedigend.
Gone Girl (USA 2014) – Regie: David Fincher – Skript: Gillian Flynn – mit Ben Affleck, Rosamund Pike, Carrie Coon, Kim Dickens, Neil Patrick Harris – 149 min.