George R.R. Martin – A Game of Thrones: Kapitel 9-10

„I just want to stand on top of the Wall and piss of the edge of the world.“

Imp-Slap!

Kapitel 9 – Tyrion

Was passiert
A Game of ThronesTyrion Lannister, kleinwüchsiger Bruder von Jaime und Cersei, stattet der Bibliothek von Winterfell einen nächtlichen Besuch ab. Auf dem Weg zum Frühstück begegnet er Prinz Joffrey und seinem Leibwächter Sandor Clegane. Mit beiden gerät Tyrion aneinander, als Joffrey sich weigert, den Starks sein Beileid für Brans Unfall auszusprechen. Anschließend gesellt er sich zu seinen Geschwistern an die Frühstückstafel und überbringt ihnen die Neuigkeit, dass Bran seinen Fall wohl überleben, wenn auch nie wieder laufen wird – und natürlich entgeht ihm nicht die vielsagende Reaktion der Zwillinge.

Was Sache ist
Wir haben Tyrion schon vorher getroffen, durch Jon. Hier bekommt er endlich sein erstes eigenes Kapitel, womit wir die Point-of-View-Charaktere für A Game of Thrones bis auf Sansa zusammen haben. Auch wenn ich für die meisten Starks wenig übrig habe, eine kluge Entscheidung von GRRM, sich für den ersten Band weitgehend auf ein Haus zu konzentrieren, aber mit Dany und Tyrion eben zwei abweichende Perspektiven einzuflechten, die die Geschichte angemessen kontrastieren und so jegliche Schwarz-Weiß-Malerei verhindern – und die wandelnde Grauzone ist natürlich Tyrion, der mit seiner fürsorglichen Behandlung von alten Schriftrollen eine sehr sympathische Einführung bekommt – dito mit seinen Ohrfeigen für Joffrey, der sich endgültig als kleines Arschloch herausstellt. Bemerkenswert ist zweierlei: Zum einen ist Tyrion offensichtlich gewohnt, mit relativ viel davonzukommen. Gerade angesichts Joffreys Charakter ist es wohl, objektiv betrachtet, keine allzu gute Idee, einen zukünftigen König zu ohrfeigen, aber Tyrion doesn’t give a shit, auf gut Englisch. Trotz seiner offensichtlichen Intelligenz impulsiv, was auf die lange Bank wenig Gutes verspricht. Zum anderen bleibt zu wundern, warum Sandor bei den Ohrfeigen nicht eingreift. Als Leibwächter sollte das sein Job sein, selbst gegenüber royalen Verwandten. Das kann, denke ich, als deutlicher Hinweis gelesen werden, dass Sandor auf diesen Job (und diesen Prinzen) keinen allzu großen Wert legt, verständlicherweise.

Die Frühstücksszene: Rundum wunderbar. Tyrions Interaktion mit seinen, wie wir bereits wissen, äußerlich bezaubernden Geschwistern verrät so viel über seinen Charakter, irgendwo zwischen lässigem Sarkasmus und einer Prise Selbstverachtung. „The glance that passed between Jaime und Cersei lasted no more than a second, but he did not miss it.“ Die Passage liest sich, als hätte Tyrion die Info über Bran bewusst eingestreut, was wiederum die Frage aufwirft, wie viel er von Jamies und Cerseis Verhältnis weiß oder vermutet. Immerhin sind die beiden nicht gerade Musterbeispiele an Subtilität. „There are times when you give me cause to wonder which side you are on“, meint Jamie dann auch auf Tyrions schon relativ deutliche Andeutung hin, worauf Tyrion erwidert, „you know how much I love my family“. Aber sicher. Nicht ganz uninteressant wäre in dem Zusammenhang übrigens zu wissen, was genau Tyrion eigentlich vor der Reise nach Winterfell gemacht hat. Er scheint keine besondere Position am Hof des Königs auszufüllen, und mich wundert, was er überhaupt in King’s Landing tut. (Sicher lebt er wahrscheinlich lieber außerhalb der Reichweite deines Vaters, aber man sollte meinen, dass gerade Tywin großen Wert darauf legen würde, Tyrion unter seiner Fuchtel zu halten.) Das scheint mir nicht zu hundert Prozent durchdacht zu sein. Dann das Eingangszitat zu Tyrions Ankündigung, mit Jon und Benjen Richtung Mauer zu reisen – großartig, nach Tyrions Auftritt im ersten Jon-Kapitel ein Grund, sich auf mehr Interaktion zwischen den beiden zu freuen.

Kapitel 10 – Jon

Was passiert
Jon bereitet seinen Aufbruch zur Mauer vor. Sein Abschied von Bran zwingt ihn dazu, Lady Catelyn über den Weg zu laufen, die ihm nur Verachtung entgegen bringt. Sein Abschied von Robb fällt schon herziger aus, und sein Verhältnis zu Arya ist ein ganz besonderes – zum Abschied schenkt Jon ihr ein Kurzschwert namens Needle, mit dem sie heimlich üben kann, was bei Arya Stürme der Begeisterung auslöst.

Was Sache ist
Okay, ich verstehe Cats Standpunkt, Bastarde als Brandmal einer sexistischen Patriarchatskultur etc., aber hey, bitch much? Sie verzeiht Ned seinen Seitensprung (den er im reifen Alter von wieviel, 16 hatte?), nimmt Jon, der natürlich gar nichts dafür kann, aber sein Bastardsein übel. So viel Doppelmoral reicht völlig aus, um sie als Charakter zu disqualifizieren. Und dann vereinnahmt sie auch noch den komatösen Bran für ihre Fehde mit Jon, wohlwissend, dass ihre Kinder (mit Ausnahme vielleicht von Sansa) sich hervorragend mit Jon verstehen: „‚I told you to leave‘, she said. ‚We don’t want you here.'“ Uncool. Gut, man kann argumentieren, dass sie vor Trauer um Bran nicht klar denken kann, aber es hat nicht den Anschein, als würde sie Jon normalerweise anders behandeln, ganz im Gegenteil. Arya ist da zum Glück das genaue Gegenteil – sie und Jon sind einfach herzig zusammen, und es ist so bezeichnend für ihr Verhältnis, dass Jon ihr ein Schwert schenkt – sagen wir, er akzeptiert Aryas Eigenheiten genauso, wie sie ihn als Bruder akzeptiert.

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