„I’m gonna give you everything I have.“
Was passiert
1986 wird der Wrestler Mark Schultz, der zwei Jahre zuvor die olympische Goldmedaille gewonnen hat und diesen Triumpf 1988 wiederholen will, von John E. du Pont kontaktiert. Der Wrestlingfan und Multimillionär plant, auf seinem abgelegenen Anwesen Foxcatcher ein Trainingscenter aufzubauen, um amerikanische Athleten bei internationalen Wettkämpfen zu unterstützen, und will Mark und seinen älteren Bruder, Dave, rekrutieren. Während Mark sich sofort bereiterklärt und sich in die Vorbereitungen auf die Weltmeisterschaft stürzt, lehnt Dave das Angebot seiner Familie zuliebe zunächst ab.
Was Sache ist
Mit Wrestling verbinde ich primär den abgekarteten WWE-Zirkus, den ich vor Jahren mal sporadisch verfolgt habe. (Sorry, Mickey Rourke!) Mein erster Gedanke zu „Foxcatcher“ fiel daher eher ins skeptische Spektrum, bis ich den Trailer sah und schließlich hörte, dass Bennett Miller Regie führen würde, den ich sehr schätze, seit er für „Capote“ aus Philip Seymour Hoffman eine der besten Darbietungen des bisherigen Jahrhunderts herausgekitzelt hat. Auch „Foxcatcher“ ist wieder hervorragend in Szene gesetzt – Millers ruhige, kühle Handschrift ist unverkennbar und hätte sogar noch mehr Spielzeit in der Abgeschiedenheit des ländlichen Anwesens, bevorzugt im Winter, vertragen können – und vor allem großartig gespielt, überraschenderweise sowohl von Channing Tatum, der sich bislang nicht gerade als Schauspieltalent auszeichnen konnte, hier aber eine enorme Präsenz an den Tag legt, als auch Steve Carell, der zwar kein völliger Novize des Dramatischen ist, siehe „Little Miss Sunshine“, in „Foxcatcher“ allerdings vor allem mit seiner unheimlich präzisen Mimik und Stimme, zu denen die Komikerausbildung durchaus ihr Übriges beigetragen haben dürfte, jede Szene stiehlt. Mark Ruffalo, von dem solche Performances schon eher zu erwarten sind, tritt dabei fast in den Hintergrund, obwohl auch er überzeugt. Als du Ponts Mutter ist Vanessa Redgrave definitiv zu wenig im Bild zu sehen.
Seine Spannung entwickelt „Foxcatcher“ vor allem aus dem Zusammenspiel seiner drei Hauptdarsteller, deren Beziehung zueinander sich durchaus subtil verschiebt. Insbesondere im Falle John du Ponts verschenkt der Film jedoch Potential. Seine Labilität wird kaum vor der Kamera entwickelt; die Autoren Dan Futtermann und E. Max Frye behelfen sich mit du Ponts Alkohol- und Drogenkonsum und dem mehr als zwiespältigen Verhältnis zu seiner Mutter, die eine systematische Pathologisierung sicher nicht ersetzen können. Umso unerklärlicher für den nicht in die Hintergründe der Geschichte eingeweihten Zuschauer fällt das Ende des Films aus, das im Übrigen einen tatsächlich Zeitsprung von sechs Jahren unterschlägt und damit umso abrupter erscheint. Speziell der Dynamik zwischen du Pont und Dave kostet das einiges an Tiefe. Diese Oberflächlichkeit ist umso bedauerlicher, weil sie Carells Spiel einer Dimension beraubt, die dieser ohne Weiteres hätte meistern können. Letztlich bleibt der Film zum Schluss hin damit etwas unbefriedigend; die lange Zeit enorm hochgehaltene Spannungskurve flacht im letzten Drittel doch etwas ab, auch wenn man „Foxcatcher“ seine Länge kaum anmerkt. Ein schon seinen Akteuren wegen sehenswerter Film, der den Fuchs am Ende doch knapp entwischen lässt.
Foxcatcher (USA 2014) | Regie: Bennett Miller | Skript: E. Max Frye, Dan Futterman | mit Steve Carell, Channing Tatum, Mark Ruffalo, Sienna Miller, Vanessa Redgrave | 129 min.
Andere Meinungen: Going to the Movies, Komm & Sieh, Owley