Avengers: Age of Ultron (2015)

„No matter who wins or loses, trouble always comes around.“

Was passiert
Avengers Age of UltronDie Avengers räumen in den Wäldern Osteuropas noch mit den Resten der sinistren Nazi-Organisation HYDRA auf, während Tony Stark schon einen Schritt weiter ist: Mit seinem Ultron-Programm will er der Welt dauerhaften Frieden bringen, damit die Avengers sich zur Ruhe setzen können. Doch Ultron, eine künstliche Intelligenz, hat eigene Vorstellungen vom Weltfrieden und sieht die Avengers als dessen Hauptbedrohung, gefolgt von der gesamten Menschheit. Damit müssen die Rächer einmal mehr zu Hammer, Schild und Rüstung greifen, um Ultrons Plan zu stoppen – und geraten dabei rasch an ihre Grenzen.

Was Sache ist
„It is a nightmare“, sagte Regisseur Joss Whedon über seinen Jonglage-Akt mit dem antizipierten Höhepunkt der Phase 2 im Marvel Cinematic Universe. Während der erste „Avengers“ noch ein leichtfüßiges Fantasy-Abenteuer war, dessen halbes Dutzend Hauptcharaktere durch die vorherigen Filme zur Genüge vorgestellt worden waren und sich nun nur noch mit- und gegeneinander arrangieren mussten, eine mehr als entspannte Ausgangsposition für einen Film dieser Größe und Schlagkraft, so ist die Lage in „Age of Ultron“ eine andere. Der sicherlich beste Streifen in Phase 2, „Captain America: The Winter Soldier“, hat den Konflikt zwischen S.H.I.E.L.D. und HYDRA vorgelegt, den „Age of Ultron“ nach einer knappen halben Stunde schon wieder einstampft zugunsten des nächsten Kampfes. Auf den originalen „Avengers“ wie auch „Iron Man 3“ wird zurückgegriffen, um durchaus stichhaltig Tony Starks Motivation für das Ultron-Programm zu erklären. Thor wird neben Hammer-Witzen hauptsächlich dafür genutzt, eher verwirrend zu erklären, warum hier schon wieder mit MacGuffin-Steinen um sich geworfen wird, die allenfalls die Funktion haben, Whedon das Skript-Schreiben ein wenig zu erleichtern. Dass der Film für sich allein, ohne den Kontext der anderen Marvel-Filme, überhaupt nicht funktioniert, ist spätestens dann klar, wenn Tony Stark und Thor sich halbwitzige verbale Duelle darüber liefern, wessen Freundin der jeweils anderen überlegen ist – wobei weder Pepper Potts noch Natalie Portman in „Age of Ultron“ auftauchen.

Damit sind sie aber auch, leider neben Loki, mehr oder weniger die einzigen Figuren im MCU, die nicht an diesem Stelldichein teilnehmen. Zu den originalen Avengers gesellen sich Don Cheadle als War Machine, Paul Bettany als Android Vision, in Cameos Anthony Mackie, Idris Elba, Stellan Skarsgård, Andy Serkis und Hayley Atwell, sowie die Beinahe-Neuzugänge Elizabeth Olsen als Scarlet Witch und Aaron Taylor-Johnson als Quicksilver (allerdings nicht identisch mit dem „X-Men: Days of Future Past“-Quicksilver), die auf Rache am Ex-Waffenproduzenten Tony Stark aus sind, allerdings, obwohl nicht wirklich böse, kein Problem damit zu haben scheinen, einen durchgedrehten Hulk auf die Zivilbevölkerung einer Großstadt loszulassen. Whedons Jonglage-Metapher ist mehr als angemessen, weil es schlicht nicht funktionieren kann, zwei dutzend Bälle gleichzeitig in der Luft zu halten. Ein ausreichendes Maß an Aufmerksamkeit bekommen allenfalls Scarlett Johansson als Black Widow und Mark Ruffalo zugeteilt, der mir als Hulk ausnehmend gut gefällt. Die anderen Charaktere dienen allesamt als Stichwortgeber, ohne dass sich diese Stichworte zu einer wirklich kohärenten Geschichte zusammenfügen könnten.

Die stärksten Szenen des Films sind seine klassischen Avengers-Momente: Ein stilisierter Anfangskampf, eine Party, bei der sie sich an Thors Hammer versuchen (ein Gag, der tatsächlich später bezahlt macht; eine Mühe, die sich nicht viele Blockbuster dieses Kalibers machen) – es gibt genügend solcher Momente, um hochzuhalten, dass es sich hier um einen Joss-Whedon/Marvel-Film handelt; kaum genug aber, um dieses Versprechen auch wirklich einzulösen. Ein großes Problem ist wieder einmal der Gegenspieler, was nicht gerade an James Spader liegt, der wenig Spielraum bekommt, sich zu beweisen. Als handelsüblich blasser Marvel-Villain wäre Ultron in Ordnung, aber wenn man sich schon bemüht, eine künstliche Intelligenz mit potentiellem Vaterkomplex aufzusetzen und dann nicht mehr mit ihr anzufangen weiß als die kein bisschen fundiere Annahme, Ultrons Ziel seien die obligatorischen Nuklearcodes, die sich natürlich später bewahrheitet, ohne im weiteren Verlauf irgendeine Rolle zu spielen – stattdessen ist er dann ohne weitere Erläuterung erst auf einen Vibranium-, dann auf einen organischen Körper aus und zielt nebenbei auf die Vernichtung der Menschheit zur Friedenssicherung ab, nicht dass Frieden ohne Verhältnis zu einer in Frieden existierenden Gesellschaft überhaupt eine Bedeutung haben könnte, was eine beinahe allwissende KI erkennen dürfte – dann liegt etwas im Argen. Man könnte es sich einfach machen und Ultron schlicht für verrückt erklären, und anstrengenderweise wäre das noch die angenehmste, weil logischste Option. Ansonsten bleibt der Film auf der Handlungsebene wirr bis ärgerlich.

Nun waren tiefgründig motivierte Bösewichte, komplexe Schemata und Plots, die nicht auf die immer gleichen Lösungsmuster zurückgreifen, kaum je die Stärken des Marvel Cinematic Universe. Und es ist nicht so, als hätte Whedon völlig vergessen, was er mit dem Stoff zu tun habe. Augenzwinkernder Humor – „What’s the vibranium for?“ „I’m glad you asked that, because I wanted to take this time to explain my evil plan…“ – und die immer willkommenen verbalen und gelegentlich auch nonverbalen Duelle der Avengers untereinander bleiben nicht aus, sie gehen lediglich in einem massiv überladenen Skript unter. Es ist, als wäre Kevin Feige aus irgendeinem Grund auf die Idee gekommen, Marvel müsste unbedingt mehr Städte in Schutt und Asche legen lassen als Zack Snyder, mehr Unbeteiligte abseits der Kamera draufgehen lassen, mehr Bombast, mehr Düsternis. Man muss nicht einmal ideologiekritisch an „Age of Ultron“ herangehen – eine Option, die der Film selbst durchaus auf die Tagesordnung setzt, wenn Scarlet Witch über Tony Stark sagt: „Ultron can’t see the difference between saving the world and destroying it. Where do you think he gets that from?“ – um klar einzuordnen, dass viel weniger hier viel mehr gewesen wäre. Man kann nur hoffen, dass Anthony und Joe Russo sich besser auf Jonglage verstehen.

Avengers: Age of Ultron (USA 2015) | Regie + Buch: Joss Whedon | mit Robert Downey Jr., Chris Evans, Mark Ruffalo, Scarlett Johansson, Chris Hemsworth, Jeremy Renner, James Spader, Paul Bettany, Samuel L. Jackson | 141 Min.

Weitere Meinungen: Cellurizon, Going to the Movies, Owley, Symparanekronemoi

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