„All rulers are either butchers or meat.“
Was passiert
Lady Olenna versucht vergeblich, die Freilassung ihrer Enkel zu erwirken. Auf offenere Ohren stößt sie bei Littlefinger, und schließlich hat der High Sparrow auch mit Cersei noch ein Wörtchen zu reden. Die Aussprache zwischen Jaime und Myrcella fällt trotz dornischen Temperaturen frostig aus, während Bronn und Tyene sich im Kerker von Sunspear besser kennen lernen. Jorah und Tyrion treffen in Meereen ein, wo Daario Naharis von Danys vorstehender Hochzeit mit Hizdahr nicht sonderlich angetan ist. Im Norden geht es mit Maester Aemon zu Ende, was die Lage von Sam und Gilly nicht gerade verbessert.
Was Sache ist
Im Norden: Ich habe immer noch nichts zu sagen zu Sansa/Ramsay, darum direkt zur Mauer, wo Jon und Tormund Giantsbane nach Hardhome aufbrechen, während Alliser Thorne den Befehl über Castle Black übernimmt und gleich mal die Gelegenheit nutzt, Sam ein wenig zu mobben. Dabei hat der genug um die Ohren mit dem sterbenden Maester Aemon (Curtain Call für Peter Vaughan, der seine „Egg, I dreamed I was old“-Szene noch mal richtig gerockt hat), der Gilly zu guter Letzt den Ratschlag gibt, von hier zu verschwinden – mit dem White Walkers im Sinn, auch wenn Gilly kurz darauf in eine ganz andere Art von Ärger gerät, was uns wieder einmal daran erinnert, dass die noble Night’s Watch sich zum großen Teil aus verurteilten Mördern, Dieben und Vergewaltigern zusammensetzt, die angesichts einer Frau in der Festung kurz mal schwach werden. „Game of Thrones“ drehte sich immer um den Missbrauch von Macht, häufig gerade um Macht, die Männer über Frauen ausüben, und diese Folge zeigt vielleicht besser als jede andere die Nuanciertheit der Grautöne, mit denen die Serie arbeitet, wenn wir in der Night’s Watch, der letzten Bastion gegen die Haupt-Antagonisten der Serie, auf Männer stoßen, die nicht einmal den Hauch von Skrupel haben, trotz aller ehrenvoller Eide, ihre Macht derart auszunutzen, während zugleich in King’s Landing die als „Taliban von Westeros“ verschrieenen Spatzen wüten, vielleicht zu Ungunsten einiger liebgewonnener Charaktere, doch aber zugunsten vielleicht von Millionen von Frauen wie Gilly überall in Westeros, die vielleicht keinen Schattenwolf haben, der sie beschützt.
Nicht, dass ich damit religiösen Fanatismus als Wunderwaffe gegen sexuellen Missbrauch in Stellung bringen möchte; dass dem nicht so ist, hat die reale Geschichte zur Genüge gezeigt. Dennoch rückt die Serie gerne Fragen in den Vordergrund, die keiner der ruhmreichen Könige (und Königinnen), die wir bereits gesehen haben, angefasst hat, und sorgt damit für einen starken Realismus – auch wenn, bei aller Dringlichkeit des Problems, der Punkt explizit genug gemacht wurde, um nicht in absolut jeder Folge eine Vergewaltigungsszene zeigen zu müssen. So oder so, wir dürfen erwarten, dass es Gilly und Sam, die endlich ihre (leider wenig explizite) Liebesszene bekommen, nicht mehr lange in Castle Black hält – auch angesichts der Casting-News für Season 6. Damit scheint mir zunehmend wahrscheinlich, dass das Staffelfinale mit dem Ende von „A Dance With Dragons“ übereinstimmen wird. Währenddessen statten wir Stannis‘ Camp einen kurzen, nicht gerade hoffnungsfrohen Besuch ab, währenddessen Mel versucht, Stannis davon zu überzeugen, Shireen zu verbrennen. Böse Hexe, aus! Ich hoffe doch sehr, dass Good Daddy Stannis stark bleibt – ich hatte ihn gerade so in mein Herz geschlossen.
In King’s Landing: Viel Gequatsche mit wenig Effekt: Lady Olenna hat einen sehr prägnanten Austausch mit dem High Sparrow, währenddessen sowohl Diana Rigg als auch Jonathan Price glänzen können. Dann haben Olenna und Littlefinger ein Stelldichein, dessen Konsequenzen noch nicht ganz abzusehen sind, auch wenn Olenna sich einen Gefallen damit tun würde, weiterhin die einzige Person in Westeros zu bleiben, die noch nicht auf Littlefingers Spielereien hereingefallen ist. Cersei indes fällt endlich ihrer eigenen Eitelkeit zum Opfer, worauf Fans seit fünf Staffeln sehnlich warten. Ihre Dummheit ist hier noch bodenloser als in den Büchern; nach der Begegnung mit Lancel zu Beginn der Staffel müsste sie wissen, dass zumindest dieses Geheimnis nicht mehr zwischen ihnen beiden geblieben ist. (Auch wenn noch nicht klar ist, ob Lancel nur den Sex gebeichtet hat oder auch seine Beteiligung an Roberts Tod: Man sollte meinen, dass Königsmord sich nicht ganz so einfach von der Seele beten lässt; oder bekommt man mit der modischen Kutte einen Freifahrtschein für wirklich sämtliche vergangenen Sünden?) Kurzum: Jede Person, die auch nur halbwegs sensibel für den Rest der Welt wäre, hätte zumindest vermieden, sich noch einmal ohne Begleitung in die Höhle des Löwen zu begeben, zumal wenn der einzige Anlass dafür ist, sich Margaery in ihrem Käfig anzuschauen. (Diese Staffel fällt bislang recht bitter aus für die weiblichen Charaktere, was mich ein wenig um Brienne bangen lässt. Lady Stoneheart anyone?) Auch wenn ich hier so einigermaßen weiß, wie es weitergehen wird, bin ich sehr gespannt.
In Dorne: Ein Hauch von weiblicher Selbstbestimmtheit, sehr gut! Myrcella stattet Onkel Daddy einen Besuch ab und sagt an, was Sache ist: Weder möchte sie gerettet werden noch ist sie sonderlich gut auf Cersei zu sprechen; und auch wenn sämtliche Erfahrungen mit „Game of Thrones“ eher pessimistisch stimmen, was Myrcellas Zukunftsaussichten angeht, seien sämtliche Daumen für sie und Trystane gedrückt. Vielleicht geht ja wirklich mal alles gut aus. Keine rosige Zukunft sehe ich für Bronn und Tyene, deren seltsamer Austausch im Sunspear-Kerker allerdings großen Spaß gemacht hat.
In Meereen: So, endlich trägt der Daenerys-Handlungsbogen Früchte – nach viereinhalb Staffeln, und damit schneller als die Bücher. Ich hatte ursprünglich vermutet, das titelgebende „Gift“ würde eine Folge mit mehr Jon und Wildlingen in Aussicht stellen. Stattdessen ist „the Gift“ Tyrion, der nach Jorahs imposanter Gladiatorennummer, die im Ganzen ein wenig konstruiert wirkte (die Vorzugsbehandlung für Sklavenhalter im neuen Meereen scheint sich noch nicht herumgesprochen zu haben in Slaver’s Bay, oder Dany ist einfach zu beschäftigt mit Daario, um sich darum zu kümmern, dass ihre Gesetze auch umgesetzt werden), endlich auf Dany trifft. Ab sofort bin ich in unmarkiertem Territorium und liebe es – auch wenn ich noch nicht recht weiß, welchen Nutzen Tyrion eigentlich für Dany haben soll, zumal die Serie sich momentan wenig Mühe macht, auf irgendeine Art von Konflikt in und um Slaver’s Bay hinzuarbeiten. Könnte Tyrion die Rolle von Ser Barristan als Danys Berater einnehmen? Und wenn ja, wie wird er mit Daario klarkommen? Es ist zumindest zu vermuten, dass Jorah nicht ohne Weiteres zurück in Queen Danys Gnaden aufgenommen wird, Geschenk hin oder her.
Beste Szene der Folge: „Who is the most beautiful woman in the world?“ Von Jerome Flynns durchaus beeindruckender Impression von „The Dornishman’s Wive“ bis zu Tyenes abgedrehten Flirtkünsten sind die Kerker in Dorne deutlich gastfreundlicher als die in King’s Landing, ich muss schon sagen.