„I believe in second chances. I don’t believe in third chances.“
Was passiert
Ein Überfall auf sein Lager bringt Stannis Baratheon in ernste Bedrängnis, weshalb er sich zu einem folgenschweren Entschluss durchringt. Jon kehrt mit den überlebenden Wildlingen nach Castle Black zurück und wird wärmstens empfangen. In Dorne wird Jaime von Prinz Doran willkommen geheißen, der für seine Verbündeten in King’s Landing mehr Geduld zeigt als für Ellaria und die Sandschlangen. Die Begegnung mit einem alten Bekannten am Hafen von Braavos bringt Arya von ihrem Auftrag ab. In Meereen findet die Wiedereröffnung der Kampfgruben statt, die sich als echtes Spektakel erweist.
Was Sache ist
Im Norden: Einen Moment lang war ich beinahe geneigt, anzunehmen, dass Ser Alliser Jon und Entourage im Schnee stehen lässt, aber das hätte narrativ gesehen wenig Sinn ergeben. Genauso wenig übrigens, wie von Norden aus nach Castle Black zurückzukehren, wenn man per Schiff nach Hardhome unterwegs war. Es stellt sich die Frage, wo Jon Stannis‘ kostbare Schiffe geparkt hat. Aber okay, das sind Erfordernisse des Formats, die zu verzeihen sind – im Gegensatz zu Stannis in dieser Folge, das nächste Beispiel der bekannten Reihe „wir schreiben uns in eine möglichst katastrophale Klemme hinein (in den Büchern hatte Ramsay keine plötzlichen Anflüge von strategischem Genie und/oder war nicht in der Lage, in finsterster Nacht die Zelte mit den Lebensmittelvorräten zu finden, ohne dabei das ganze Lager aufzuwecken) und nehmen dann den grausamsten Ausweg, damit auch wirklich niemand mehr Spaß an alldem hat“. Bis hierhin hat die Serie einen großartigen Job gemacht, Stannis nach und nach zu einem geradezu liebenswerten Charakter zu gestalten, was natürlich den nötigen Absturz nach sich zieht – wir können ja nicht riskieren, dass die Fans am Ende jemand anderes als Dany auf dem Iron Throne sehen wollen. Weiss und Benioff scheinen mir damit recht offensichtlich anzudeuten, dass es genau darauf hinauslaufen wird. Auf der anderen Seite, so, wie „Game of Thrones“ momentan mit seinen (weiblichen) Charakteren umgeht, wird Dany bis dahin vermutlich von Eiszombies gefressen oder fällt mangels Sicherheitsgurte von ihrem Drachen und bricht sich das Genick. Daumen hoch für Tara Fitzgerald als Selyse, deren Charakter meiner Ansicht nach zwar aus der Rolle fiel, die das aber mit viel Einsatz wettgemacht hat.
In Braavos: Hätten wir nicht einfach einen Flashback mit Syrio Forel und ein, zwei Ohrfeigen für Sansa haben können, um zu rekapitulieren, warum Meryn Trant auf Aryas Todesliste gehört? Müssen wir ihm stattdessen einen Hang zu Kinderprostituierten andichten? Die Szene passte, zugegeben, ins Konzept, nachdem der bisherige Verlauf der Serie eher den Spaßfaktor von Prostitution in den Vordergrund gerückt hat und es natürlich nur richtig ist, auch die Schattenseiten zu zeigen; das wird einer Fantasyserie, die betonten Wert auf Realismus legt, nur gerecht. Als Storyelement war sie allerdings recht flach. Ansonsten verlief das Geschehen wie lange erwartet: Trant und Spießgesellen haben den Auftrag mitbekommen, Not Now Mace in aller Stille zu entsorgen, und dabei nicht mit a girl gerechnet, Assassinengesellin in Ausbildung mit einer offenen Rechnung für gewisse Mitglieder der Königsgarde. Roger Ashton-Griffiths macht nebenher Bronn seinen Sieh bei „Westeros sucht den Superstar“ streitig und generell viel Spaß in jeder seiner Szenen. Entgegen meinem ersten Eindruck hervorragend gecastet!
In Dorne: Ich bin etwas verwundert, worauf der Dorne-Handlungsbogen nun eigentlich hinausläuft. Die Serie hat bislang keine Mühen gemacht, auch nur anzudeuten, dass Prinz Doran irgendeine Art von Plan verfolgt, der auch nur im Geringsten dem in den Büchern entspricht. Aber weder sein Charakter noch die interne Logik der Geschichte noch das Kaliber von Alexander Siddig lassen es realistisch erscheinen, dass Loyalität zum Iron Throne tatsächlich hoch auf seiner Prioritätenliste steht. Plant er Verrat, gibt es aber keinen Grund, seinen Sohn und Erben (sofern Quentyn nicht doch noch aus dem Nichts auftaucht) nach King’s Landing zu schicken. Sollte es da also noch eine Offenbarung geben, dann wohl im Staffelfinale. Falls ja, wären sämtliche Dorne-Szenen in dieser Folge recht überflüssig gewesen – außer, zugegeben, Ellarias schöner Monolog für Jaime. Können nicht einfach alle nach Dorne ziehen und sich ein schönes Leben machen?
In Meereen: Staffel 5 bricht mit dem altbekannten Formular der spektakulären neunten Folge, nachdem dieses Finale an „Hardhome“ nicht wirklich heranreicht. Dennoch eine rundum gelungene Szene, dank Joel Frys und Michiel Huismans Gebalze, von Tyrion skeptisch bis belustigt zur Kenntnis genommen, dank Jorahs eher glücksabhängigen Kampfskills mit anschließender Versöhnung, dank dem Vergnügen, Peter Dinklage dabei zuzuschauen, wie er einem Mann die Kehle durchschneidet und dabei Missandei das Leben rettet, dank Drogon und Drachenreiten, dank überhaupt. Die zurückgeschraubte Bedeutung von Hizdahr in der Serie führt letztlich dazu, dass die Söhne der Harpie ihn nicht auf ihrer Seite wähnen und das Zeitliche segnen lassen, was ein exzellentes Schmetterlingseffekt-Beispiel und damit eine sinnige Änderung gegenüber der Vorlage ist. Das deutet zugleich daraufhin, dass der Großteil des Meereneese Knot einfach aus der Serie herausgeschnitten bleibt, dass wir keinen Regionalkrieg sehen, dass wir in der nächsten Folge auch das Ende der Dany-Story in „A Dance With Dragons“ erleben. Zur Kenntnis genommen: Jorah hält es aus irgendeinem Grund für klung, Dany die Hand zu geben und sie der Greyscale-Gefahr auszusetzen, und zwar so offensichtlich, dass ich mir nicht vorstellen kann, dass das keine Rolle spielen wird. Auf der anderen Seite: Dany mit Greyscale ergibt, narrativ gesehen, nicht den geringsten Sinn. Kann Drachenfeuer Greyscale heilen? Ich bin sehr gespannt.