„Stale beer. Fat fucked. Cowpoked. Smoked out.“
Was passiert
Jon möchte gerne ein Rockstar sein, ist aber bloß ein trauriger Bürohengst, bis er durch Zufall als Ersatz-Keyboarder in einen verkorksten Auftritt der Experimentalrocker The Soronprfbs gerät. Deren exzentrischer Frontman Frank, der seine Identität hinter einem gigantischen Pappkopf verbirgt, frisst einen Narren an Jon und nimmt ihn mit in die irische Wildnis. Die eigenwillige Band plant lediglich, dort ohne jede Störung von außerhalb ein Album aufzunehmen. Jon jedoch ist fasziniert von Frank und besessen von der Idee, den Soronprfbs zu ihrem großen Durchbruch zu verhelfen.
Was Sache ist
Wenn ein englischsprachiger Indiefilm es einige Monate nach seinem Kinodebüt noch nicht wenigstens zu einem deutschen Starttermin gebracht hat, kann man die Hoffnung üblicherweise aufgeben. So schien es in diesem Fall, bis über ein Jahr nach UK-Premiere „Frank“ dann doch noch die deutschen Kinosäle segnen sollte. Man möchte es der simplen Tatsache zuschreiben, dass sowohl Oscar-Anwärter Michael Fassbender als auch Indie-Darling („Ex Machina„) und Demnächst-Star-Wars-Baddie Domhnall Gleeson im Augenblick irgendwie heißes Eisen sind. Beschweren kann man sich nicht, denn Lenny Abrahamsons Musikfarce ist eine durch und durch vergnügliche Erfahrung, gerade weil Abrahamson auf der Klaviatur des schwarzen Humors die depressiven Töne wählt, seine Figuren wenig Sympathie verströmen und pausenlos aufeinander einhacken. Man könnte zunächst beinahe glauben, der Pappkopf wäre lediglich das Gimmick, um einen ansonsten unmöglich zu vermarktenden Film zu retten, doch „Frank“ wühlt sich mit der Zeit durchaus tiefer in seine Materie. Spät im Film erklärt eine Figur simpel und geradeheraus, aufgrund welcher psychischer Störungen Frank glaubt, sich hinter seiner Maske verbergen zu müssen, und es wirkt wie ein ironisches, nicht vollends böswilliges Zwinkern in Richtung des Publikums, das sich eben noch über dieses absurde Geschöpf amüsiert hat.
Der Film weiß, auf welchen Ebenen er seine Figuren zu packen bekommt, und macht es sich an keiner Stelle so einfach, sich bloß über ihre Eigenarten lustig zu machen. Der Manager der Soronprfbs (Scoot McNairy) erwähnt an einer Stelle Jon gegenüber, Frank sei für ihn der normalste Mensch, dem er je begegnet sei, und das ist mehr als nur Punchline. An mehr als nur einer Stelle scheint Frank als Mensch besser zu funktionieren als jene autodestruktiven Individuen, die keinen Ppapschädel haben, in dem sie sich verbergen können. Das mag auch ein Testament in Richtung Michael Fassbenders sein, der das Fehlen von Mimik mit purer Energie kompensiert. Für ihn dürfte es der erste Kinofilm sein, den man guten Gewissens als Komödie klassifizieren kann, und es fällt schwer, den ernsten, häufig verschlossen wirkenden Fassbender mit irgendeiner anderen Art komödiantischer Performance in Verbindung zu bringen. Umgekehrt hat er selten so überzeugt wie in „Frank“ und stellt einen passablen Gleeson und eine häufig unterschätzte, hier gut aufgelegte Gyllenhaal in den Schatten, bis hin zur und ganz besonders in der grandiosen Schlussszene, die einen weiteren erwähnenswerten Aspekt aufbringt. Musikfilme sind nicht selten zu verliebt in ihre eigene Musik. In diesem Fall wäre zu wünschen gewesen, mehr von Franks Kompositionen zu hören. Gerade der scheinbar improvisierte Abschlussong (Spoiler im Video) ist mir noch auf Tage hinaus in den Ohren geblieben. Letztlich ist es Jons Story, sein Handlungsbogen, der den Rhythmus des Films bestimmt, an manch einer Stelle vielleicht zuviel, den was „Frank“ letztlich trägt und in eine dieser absonderlichen Kinoperlen verwandelt, die man nach Möglichkeit nicht missen sollte, sind Frank und Fassbender.
Frank (UK/IR/USA 2014) | Regie: Lenny Abrahamson | Skript: Jon Ronson, Peter Straughan | mit Michael Fassbender, Domhnall Gleeson, Maggie Gyllenhaal | 95 min.
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