„You want to love experience.“
Was passiert
Auf der Suche nach Sinn wandert der Autor und Frauenheld Rick ziellos durch die Großstadtschluchten von Los Angeles, trifft Menschen, verliert sie wieder. Als Hollywood-Skripter ist er erfolgreich, und dennoch fühlt sein Leben sich hohl an. Seit dem Tod eines seiner Brüder richtet der andere seinen unermüdlichen Zorn gegen ihren Vater, und Rick findet sich zwischen den Stühlen wieder, in emotionalem Limbo, sucht Erfüllung und Erlösung in einer endlosen Folge von Romanzen, die alle, Flirts ebenso wie Ehen und ernste Beziehungen, im Unglück enden oder in der Bedeutungslosigkeit.
Was Sache ist
Es ist ein frustrierendes Erlebnis, zu versuchen, in wenigen Sätzen eine zufriedenstellende Synopsis zu einem der jüngeren Terrence-Malick-Filme zu schreiben. Selbst seine Darsteller scheitern in Interviews derart regelmäßig daran, auch nur grob zu umreißen, worum es in ihren Filmen gehe, dass unklar bleibt, ob Malick selbst eine befriedigende Antwort auf diese Frage geben könnte. Seit „Days of Heaven“ scheint er mit jedem Dreh mehr das Interesse daran zu verlieren, seinem eigenen Drehbuch zu folgen. Inzwischen ist schwer zu sagen, ob man sich eher an den hier stetig wechselnden Voice-over-Stimmen entlang hangeln sollte, deren bedeutungsschwangere Gedanken sich allenfalls lose durch das Geschehen ziehen, oder am Strom visueller Eindrücke, gänzlich narrativer Struktur entrückt. War „The Tree of Life“ noch aufnehmbar als kaum verlässlicher Rückblick in eine verängstigte Kindheit, war „To the Wonder“ in aller Substanzlosigkeit noch relativ geradlinig, so ist „Knight of Cups“ noch am Ehesten strukturell einzuordnen als essayistische Betrachtung weiblicher Körper, eine Abfolge von Gefährtinnen (u.a. Cate Blanchett, Freida Pinto, Natalie Portman), in denen Rick (Christian Bale) vergeblich seine Erfüllung sucht: Ein Austrahieren des Sich-selbst-Verlierens in einer anderen Person als Ausflucht der Sinnsuche, die notwendig oberflächlich und seriell bleiben muss und deshalb auch als Film kaum die Tiefe des die erfolglose Suche nach Gott (die auch hier wieder anklingt, aber eher inkonsequent) thematisierenden „The Tree of Life“ erreichen kann. Dafür immerhin wirkt der Bilderwirbel, den Malick hier entfesselt, dann auch deutlich weniger behäbig, weniger fordernd.
Möchte man es sich leicht machen, so kann man „Knight of Cups“ durchaus als visuell reizender Gedankenstrom in Bildform genießen. Wer die tiefere Ebene sucht, wird den Interpretationsspielraum nutzen müssen, den Malick bewusst freigibt. Der Beziehungsreigen als Tarotdeck, höheren Mächten unterworfen oder dem profanen Zufall des steten Mischens. Das Erdbeben, das uns aus der selbstgewählten Abgeschiedenheit treibt, und die Einsamkeit unter Menschen, die uns mehr als alles andere erschüttert. Beneidet werden und andere beneiden als Spiel von Nähe und Ferne. Sex ohne Verbundenheit, Verbundenheit ohne Sex: Gemeinsam zu viel, einzeln zu wenig, um daran festzuhalten. Die Wellen am Strand als Unbeständigkeit des Lebens, die Wüste als das endlose Unbestimme, Widerhall der fehlenden inneren Ankers in einer ruhelosen Welt. Das ziellose Treiben in all diesen Ideen wird zum Spiegelbild des Treibens von Bales Charakter durch sein seichtes Meer gedämpfter Gefühle, immer wieder aufgewühlt von Wes Bentley, dessen Wut gegen sich selbst und seinen Vater als stärkste dieser Emotionen dennoch im Nirgendwo verhallt. Wie das Meer, das Rick zu faszinieren scheint, wagt sich „Knight of Cups“ immer wieder vor und zieht sich dann zurück, ohne viele Spuren zu hinterlassen. Man mag sich darauf, auf Malicks Filmkunst, einlassen, für eine Weile, und was danach zurückbleibt, sind weniger handfeste Gedanken als visuelle Reize, Bilder, die im Ungefähren verbleiben. „Knight of Cups“ ist weniger Spielfilm als Kunstwerk eigener Art und eigenen Anspruchs, das die Partizipation des Publikums vielleicht anregt, aber nicht mit Bestimmtheit einfordert und damit Anschlussfähigkeit für postmoderne Diskurse ins Unendliche streckt, ohne dass anschließend ein ansatzweise klares Bild zurückbliebe, was der Film denn gewollt haben könnte.
Knight of Cups (USA 2015) | Regie & Skript: Terrence Malick | mit Christian Bale, Natalie Portman, Cate Blanchett, Wes Bentley, Freida Pinto | 118 min.