A Perfect Day (2015)

„You guys spend so much time around here, you forget what real life is like.“

Was passiert
A Perfect DayBosnien, Kriegsgebiet, 1995. Irgendwo im abgelegenen Hinterland schwimmt eine Leiche in einem Brunnen und verseucht den einzigen Wasserzugang der Bevölkerung eines Bauerndorfes. Eine Gruppe internationaler Hilfsarbeiter versucht, den Körper zu entfernen, hat dabei jedoch mit Materialmangel, lokalen Milizen und UN-Bürokratie zu kämpfen. Für die idealistische Sophie eine Katastrophe nach der anderen, während Mambrú kurz vor dem Absprung ist und sich längst in Galgenhumor geflüchtet hat – bis die Truppe einen Jungen aufgabelt, dessen Eltern vor dem Bürgerkrieg geflohen sind.

Was Sache ist
Die Grausamkeit eines Krieges zu zeigen ist in aller Regel kein humoristisches Unterfangen. Im Kanon der Antikriegsfilme fällt als bekannteste Ausnahme Robert Altmans Vietnam-Satire „MASH“ ein, die 1970 den Nerv der kriegsmüden Vereinigten Staaten traf. „A Perfect Day“ wird ein weniger leichtes Spiel haben, zumal Regisseur Fernando León de Aranoa leisere Töne anschlägt. Seine Hauptfiguren, die im Auftrag der fiktiven NGO Aid Across Borders auf den holprigen Straßen des verwüsteten Bosniens unterwegs sind, konfrontiert er schonungslos mit ihrem Scheitern, ohne ihren Einsatz dabei als sinnlos abzustrafen. Es geht, das macht die Wahl des Sujets deutlich, um die kleinen Erfolge, die angesichts der großen Niederlagen und Katastrophen an Strahlkraft verlieren mögen. Es geht darum, Hoffnung zu finden, wo keine zu finden ist, und bis dahin Strategien zu finden, die einen das alles überstehen lassen.

Der Bosnienkrieg als solcher steht nicht im Mittelpunkt. Zwar stoßen wir auf eine ausgebrannte Stadt, reißen den rassistischen und nationalistischen Wahnsinn an, der ihm zugrunde liegt. Doch „A Perfect Day“ könnte überall spielen. Die endlosen, verschlungenen Straßen scheinen nicht dazu gedacht zu sein, jemanden von A nach B zu bringen, ein Land, eine Bevölkerung mit sich selbst zu verbinden. Wer eigentlich kämpft, gegen wen und warum, ist nicht von Belang für uns oder jenes Dorf. Was für diese Menschen zählt, woran ihr Fortbestand zu scheitern droht, ist etwas so Elementares wie sauberes Trinkwasser; eine Absurdität der Realität, die genügt, uns in die emotionalen Abgründe hineinzustoßen, in denen Mambrú (Benicio Del Toro), B (Tim Robbins) und ihre noch unerfahrene Kollegin Sophie (Mélanie Thierry) navigieren. Für seine schwächsten Momente sorgt der Film daher, indem er Olga Kurylenko als eine ehemalige Flamme Mambrús in den Mix gibt und das existenzialistische Theater für Momente zum Erliegen bringt. Glücklicherweise dominiert die Achterbahnfahrt aus schwarzem Humor und nicht weniger dunkler Verzweiflung diesen sehr eigenen, sehr sehenswerten Blick auf die Kunst der (Un-)Möglichkeit der menschlichen Existenz.

A Perfect Day (ES 2015) | Regie + Skript: Fernando León de Aranoa | mit Benicio Del Toro, Tim Robbins, Olga Kurylenko , Mélanie Thierry, Fedja Stukan | 106 min.

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