„Devils don’t come from hell beneath us. They come from the sky.“
Was passiert
Nachdem er in seinem Endkampf mit General Zodd zwei Jahre zuvor halb Metropolis in Schutt und Asche gelegt hat, wird Superman von manchen als Retter der Menschheit verehrt, von anderen gefürchtet – darunter auch Gothams Vorzeige-Ordnungshüter Bruce Wayne, der den Mann aus Stahl als Feind der Menschheit betrachtet. Um ihn aufzuhalten, sucht Wayne nach dem Kryptonit aus den Überresten von Zodds Schiff, doch auch der exzentrische Millionär und Teilzeit-Superschurke Lex Luthor ist scharf auf den Batzen. Zweifelhafte Unterstützung erhält Wayne von einer mysteriösen Schönheit.
Was Sache ist
Prioritäten! „Batman v Superman“, der unvermeidliche Reanimation des totgeborenen DC Extended Universe, musste im Vorfeld massive Häme einstecken für die Entscheidung des Studios, Ex-„Daredevil“ Ben Affleck als nächtlichen Rächer aufzuwärmen. Mehr Gegenfeuer hätte Zack Snyder verdient, der J.J. Abrams des kleinen Mannes, der zuvor „Man of Steel“ gegen multiple Wände gefahren hatte, und das an einem Punkt, an dem man gedacht hätte, viel tiefer könne Superman nicht mehr sinken. Der Fairness halber sei angemerkt, „Batman v Superman“ ist besser als „Man of Steel“, auch wenn die Action ebenso größenwahnsinnig und gehirnzellenzersetzend daher kommt wie im Vorgänger. Immerhin, wenn DC und Warner Bros. weiterhin pro Film einen Stadtteil von Metropolis oder Gotham zerlegen, dürften wir in ein paar Jahren durch sein mit diesem fehlgeleiteten Franchise – ein Silberstreif am Horizont, auch wenn der Reboot sicher postwendend folgen wird. Diesmal immerhin findet das aufgeputschte Finale im Hafen von Gotham statt, wo sich nachts angeblich niemand mehr aufhalte (niemand in der Warner-Bros-Chefetage wird wissen, wie ein Frachthafen funktioniert), um sicherzustellen, dass zumindest in diesem Film unsere angeblichen Helden nicht versehentlich Millionen von Menschen massakrieren – so, wie uns die Eröffnungsszene noch einmal „Man of Steel“ vor Augen ruft, nachdem wir ihn gerade erfolgreich verdrängt hatten. Akzeptable Motivation für sowohl Wayne als auch Luthor, den Superman mit allen Mitteln aufhalten zu wollen. In der Tat ist man noch am Ehesten geneigt, mit Lex Luthor (Jesse Eisenberg) zu sympathisieren, zumindest bis er grundlos zu dem Superterroristen mutiert, als den wir ihn kennen. Spoiler ahead!
Das größte Problem des Films: Charaktermotivation. Clark Kent/Superman (weiterhin einschläfernd: Henry Cavill) will einfach nur Menschen helfen; er ist nicht daran interessiert, die Welt zu verändern, denn Superman stand nun mal schon immer für den „American way“. Akzeptiert, wenn man darüber hinwegsieht, dass allein seine Präsenz diese Welt von Grund auf verändert, und Zack Snyders vorhergehende „Watchmen“-Verfilmung legt nahe, dass ihn genau dieses Thema interessiert. Superman ist aber nicht willens, sich in irgendeiner Art menschlicher Autorität unterzuordnen oder sich auch nur nach ihr zu richten. Wichtiger, wir können noch so lange Montagen anschauen, in denen er kleine Mädchen aus brennenden Häusern rettet; das macht nicht wirklich den letzten Film vergessen, als er Bösewichte in belebte Hochhäuser schleuderte und nicht einmal Anstalten machte, Zodd aus Metropolis wegzulocken, um irgendwo in der Wüste zu kämpfen. Auch hier ist Superman willens, das alles zerstörende Supermonster aus den Augen zu lassen, um Lois Lane vor dem Ertrinken zu bewahren, und riskiert damit den Tod von Millionen. Menschlich, aber Superman ist eben kein Mensch. Bruce Wayne/Batman ist noch am Klarsten gezeichnet, auch wenn er Superman genau die rauen Methoden vorwirft, die er selbst vornimmt. Ja, „Batman tötet nicht“ ist kein Argument – in diesem Film tötet er, und das lässt sich durchaus mit seinem Charakter vereinbaren.
Batman war schon immer ein paranoider Soziopath, und Affleck spielt ihn als solchen durchaus treffend. Der im Trailer zitierte beste Satz des Films, „We just have a bad history with freaks dressed like clowns“, ist da sehr angebracht. Der Film deutet sogar an, dass der in „Suicide Squat“ demnächst auftauchende Joker Batmans Gehilfen Robin auf dem Gewissen hat, was diese Charakterzüge Batmans ebenso gut erklärt wie den Fakt, dass wir über Bruce Waynes Privatleben nichts erfahren. Dieser Wayne hat kein Privatleben. Er ist voll und ganz in Batman aufgegangen, und das funktioniert in diesem Universum. Nichtsdestoweniger hätte der Film mehr von ihm vertragen können, allein schon, weil ein absolut korrekt besetzter Jeremy Irons als Alfred weit unter seinen Möglichkeiten bleibt. Wonder Woman (Gal Gadot) bleibt ein Fragezeichen; sie hängt in Metropolis herum, weil Lex Luthor zukünftige Superhelden ausspioniert, wobei nie klar wird, wie sie davon Wind bekommen hat oder was genau sie dagegen zu unternehmen gedenkt oder warum es sie überhaupt kümmert. Gadots eintöniges Schauspiel ist nicht eben eine Hilfe. Die Einführung der zukünftigen „Justice League“, obwohl nicht eben hilfreich in einem eh schon überlangen Film, fügt sich immerhin geschickter ins Geschehen ein, als Marvel das mit dem klobigen Mittelteil von „Iron Man 2“ gelungen ist. (Es muss wohl kaum betont werden, dass Robert Downey Jr. dieses Fiasko dennoch in Grund und Boden spielt.)
Jesse Eisenberg ist selbst mehr Joker als Lex Luthor, und das allein ist in Ordnung; es sei Snyder und co durchaus vergönnt, mit dem Charakter eine neue Richtung einzuschlagen. Eisenberg ist nicht schlecht. Das Problem ist eher, dass sein Charakter aus zehn verschiedenen Skript-Entwürfen zusammengebastelt scheint: Zuerst will er Batman mit neckischer Fanpost mobben und Superman als Terroristen hinstellen, was aus unerfindlichen Gründen nicht funktioniert, dann will er ihn von Batman erledigen lassen oder umgekehrt, man weiß es nicht, und unabhängig vom Ausgang dieses Kampfs gleich noch den Höhlentroll aus „Lord of the Rings“ auf Metropolis loslassen, ohne sich selbst auch nur im Geringsten dagegen zu schützen; vom rationalen Geschäftsmann gerät er im Laufe des Films zum wahnwitzigen weltenzerstörenden Superschurken. Gut, dass zu diesem Zeitpunkt die beiden Todfeinde Superman und Batman innerhalb von drei Minuten zu besten Freunden werden, weil ihre Mütter zufälligerweise den gleichen Namen tragen – das wohl jämmerlichste Beispiel überbezahlter Screenwriter, die sich an den eigenen Haaren aus einem Loch ziehen, in der langen Geschichte Hollywoods. Thematisch sind wir längst eingenordet, als Batman zuvor Superman mit einer Toilettenspülung den Kopf einschlägt. Einmal abziehen, bitte.
Der titelgebende Kampf „Batman v Superman“ dauert knappe fünf Minuten, und die folgende Orgie hat mehr zu tun mit einer Folge „Dragon Ball Z“ als mit Logik und Naturgesetzen. In einem besseren Film (ohne 3D) könnten manche dieser Effekte sogar wunderbar aufgehoben sein, denn visuell lässt sich an alldem wenig aussetzen, während der Score des Schlusspektakels von der Kopfschmerztablettenindustrie gesponsert scheint. Immerhin verzichten wir diesmal darauf, alle zwei Minuten zu Laurence Fishburne zurückzuschneiden, dem sein Baseballspiel mehr am Herzen liegt als Batman gegen Superman, und wer will es ihm verdenken. Die arme Amy Adams wird für den Rest ihres Lebens in dieden DC-Filmen herumirren müssen und hat dafür hoffentlich ihren Agenten gefeuert. Zweieinhalb Stunden Laufzeit werden gefühlte vier, und man bekommt einen guten Eindruck, wie sich wohl die ursprüngliche Fassung von „Star Wars“ angefühlt haben muss, ehe jemand mit Ahnung George Lucas aus dem Schneideraum vertrieb. Überflüssige Traumsequenzen liefern zwischendurch einen vollends verwirrenden Zeitreiseauftritt von The Flash, womit der Film, der bis dahin nicht halb so hanebüchen agiert wie „Man of Steel“, jeden Gedanken an Kohärenz endgültig zu den Akten legt. Das gleiche gilt leider nicht für Sparleuchte Zack Snyder, der uns für beide „Justice League“-Filme als Regisseur und den ganzen Rest (wer sehnt sich schon nach „Aquaman“?) als Produzent erhalten bleibt. Man freue sich auf weitere Hans-Zimmer-Orgasmen, einstürzende Neubauten und den wunderbaren Anblick von Geld, das in 3D auf der Leinwand verbrennt. Uns erwartet Großes!
Wertung: 3/10
Batman v Superman: Dawn of Justice (USA 2016) | Regie: Zack Snyder | Skript: Chris Terrio, David S. Goyer | mit Ben Affleck, Henry Cavill, Amy Adams, Gal Gadot, Jesse Eisenberg, Jeremy Irons | 151 min.
Andere Meinungen: Frau Flinkwert, Going to the Movies