George R.R. Martin – A Game of Thrones: Kapitel 15-16

„‚He ran.‘ He looked at Ned’s face and laughed. ‚But not very fast.'“

Sansa ist die Westeros-Version von Scarlett O’Hara, und jedes ihrer Kapitel fühlt sich an wie vier Stunden Gone With the Wind. Naja, fast.

Kapitel 15 – Sansa

Was passiert

A Game of ThronesDie royale Gesellschaft durchquert den Neck, eine Sumpflandschaft zwischen dem Norden und den Flusslanden, und wird dort von zwei Mitgliedern der King’s Guard empfangen, Barristan Selmy und Renly Baratheon, dem Bruder des Königs, sowie Ilyn Payne, dem königlichen Henker, dessen Grimm Sansa einschüchtert. Joffrey, ganz gallanter Prinz, lädt sie zu einem Reitausflug ein, in dessen Verlauf sie auf Arya und ihren Freund Mycah treffen, die gemeinsam fechten üben. Joffrey mischt sich ein und bedroht Mycah, woraufhin er von Arya angegriffen und von ihrem Wolf Nymeria verletzt wird.

Was Sache ist
Ugh, Sansa. Ich habe nichts zu sagen. Es gibt wirklich nicht den geringsten Grund, bis, sagen wir, Mitte des dritten Buchs irgendwelche Sympathien für Sansa aufzubringen. So ein unreflektiertes, affektiertes, kindisches Persönchen, selbst nach Prinzessinenmaßstäben. Wäre dieser ganze Krieg der Fünf Könige nie passiert, wären sie und Joffrey bestimmt ausgesprochen glücklich miteinander geworden. Oh, vielleicht ist der Moment gar nicht so schlecht, um mal über Direwolf-Namen zu sprechen. Rickon: Okay, ich verstehe, wie man als Dreijähriger Shaggydog für einen vernünftigen Namen für einen Wolf hält. Robb: Grey Wind, recht langweilig, passt zu ihm. Jon: Ghost, etwas random, aber okay. Sansa: Lady? Bitte? Selbst für ein dreizehnjähriges, selbstgefälliges Mädel adliger Herkunft ist das ein extrem blödsinniger Name, und dass Ned im nächsten Kapitel denkt, er wäre gelungen, sagt wahrscheinlich einiges über Ned aus, jedenfalls nicht über den Namen. Es ist entsprechend wohl auch kein Zufall, dass die einzigen beiden Wölfe mit vernünftigen Namen auch den einzigen beiden Stark-Kids gehören, die mir nicht auf die Nerven gehen, also Arya und Bran, dessen Wolf zu diesem Zeitpunkt natürlich erst noch getauft werden muss. Summer ist mir tatsächlich noch ein wenig lieber als Nymeria. Er sagt so viel über Brans Qualitäten aus, und ich bin sehr gespannt darüber, was mit Bran im weiteren Verlauf der Serie passiert, und habe so meine Ahnungen, und es ist mal wieder sehr bezeichnend, dass ich zu einem Sansa-Kapitel hauptsächlich über Bran … naja, lassen wir das.
Spannender: Wir begegnen ein paar neuen Figuren, erst einmal Ser Barristan the Bold, zu Lebzeiten schon legendärer Anführer der königlichen Garde, und Renly, dem jüngsten Baratheon-Bruder, und natürlich Ser Ilyn. Großartig, wie Renly und Barristan miteinander umgehen. Das erzählt einiges über die Verschworenheit der King’s Guard, für die ich allerdings noch ein paar Fragen offen habe: Warum sind eigentlich nur drei (von sieben) Mitglieder mit Robert nach Winterfell geritten? Wofür ist eine Leibwache gut, die sich mindestens ein paar hundert Meilen entfernt aufhält? Und wie ist eigentlich Renly in dem Laden gelandet? Kann er gleichzeitig Lord von Storm’s End und königlicher Leibwächter sein, und wie, und warum? Weshalb sollte einem Bohemian wie Renly daran gelegen sein, den Türsteher für seinen Bruder zu machen? Sicher nicht der Ehre wegen. Schon eher, um ungewollte politische Heiratsavancen zu vermeiden, aber immerhin stellt das eine wie das andere eine Einschränkung seines lockeren Lebens dar – oder lese ich Renly da falsch? Vielleicht mal ein paar weitere Kapitel abwarten. Dann hat Ilyn Payne einen Auftritt, und der Hound scheint fast ein bisschen eifersüchtig, nicht mehr Mr. Scary in der Gemeinschaft zu sein. Ich kann mir vorstellen, dass die beiden in King’s Landing öfter mal auf Zechtour gehen, obwohl sie einander natürlich verabscheuen, wie jeden anderen auch.

Kapitel 16 – Eddard

Was passiert
Neds Männer finden Arya, und sie wird vor den König gebracht, wo Joffrey sie und Mycah beschuldigt, ihn angegriffen zu haben. Sansa sagt nicht zu Aryas Gunsten aus. Robert weigert sich, Arya zu bestrafen, aber auf Cerseis Drängen hin ordnet er an, einen Direwolf hinzurichten – Lady, da Nymeria geflüchtet ist. Der Hound kehrt mit Mycahs Leiche zurück ins Lager.

Was Sache ist
Sansa-Joffey-Cersei = Hate-Connection. The Hound not so much; ich denke, GRRM hat schon mit Absicht darauf verzichtet, Mycah als Charakter einzuführen, damit der Hound nicht gleich den geballten Fan-Hass auf sich zieht, weil er den Jungen umbringt. (Nicht, dass das nicht indiskutabel wäre, aber Joffrey zufolge hat Mycah halt den Prinzen verletzt, was für einen Schlachterburschen eben einen Kopf kürzer bedeutet, und der Hound ist Joffreys Leibwächter. Ist das ein Argument? Sagen wir lieber, ich bin bereits genug damit beschäftigt, diverse andere Charaktere zu hassen, als dass ich für einen Nebenschauplatz wie Sandor noch Reserven übrig hätte.) Robert lässt blicken, wie viel Liebe er für seine gesamte Familie übrig hat und wie wenig er gleichzeitig bereit ist, Cersei die Stirn zu bieten, wenn es um ein Thema geht, das ihn im Grunde nicht interessiert. Viel spannender an dem Kapitel finde ich den Hinweis, dass 14 Jahre nach Roberts Rebellion die Sieben Königslande immer noch irgendwie geteilt sind: Die Gesellschaft quartiert sich bei Raymun Darry ein, der auf Seiten der Targaryen gekämpft hat, und es dürfte deutlich geworden sein, dass Robert zwar ein großes Talent als Feldherr besitzt, aber wenig begabt darin ist, nach Friedensschluss das Reich hinter sich loyal zu einen. Stark/Lannister ist nur ein Beispiel für die Spannungen, die überall auftauchen und die Robert geflissen ignoriert. GRRM lässt sich gerne mit seiner Kritik an Tolkien und der Figur Aragorns zitieren, dass gute Kriegsherren nicht unbedingt gute Könige machen und umgekehrt, und natürlich ist Robert das bezeichnende Beispiel dafür, wenn auch nur eines von vielen.

2 Gedanken zu „George R.R. Martin – A Game of Thrones: Kapitel 15-16

  1. Wie frevelhaft von mir… da habe ich doch glatt verpennt, dass der ehemalige Doktor wieder fröhlich am Bloggen ist. Da kommt ja dann endlich mal wieder was interessantes zum Lesen in meinen Blogroll 😀

    Und ja, die Sansa-Kapitel ziehen sich wirklich etwas… habe ich auch immer ungern gelesen, weil sie ja auch eigentlich nie was wirklich aufregendes macht.

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